Vorschaubilder

Sie befinden sich auf der Archivseite. Zur Hauptseite

Kurzgeschichten EF

Kurzgeschichten des Deutschkurses bei Frau Staarmann (EF)

 
 

Im Rahmen des Deutschunterrichtes bei Frau Staarmann entstanden eigene Kurzgeschichten der Schüler, nachdem diese im Vorhinein viele Kurzgeschichten gelesen hatten. Obwohl alle Geschichten sehr gelungen waren, konnten nur diese vier hier veröffentlicht werden.

Viel Spaß beim Lesen!

1. Leer von Julius Hanisch und Simon Lachnit
2. In den Sternen von Jil Batrina I Mans
3. Ohne Wasser von Alema Basic
4. Emely Espey und Hannah Goßen
 
 
 
 

 

Leer

 

Die Tür öffnete sich. Das künstliche Licht erhellte den Raum. Hans-Peter Joachim Bernd nahm ein Pils aus dem Kühlschrank. Dann ging er zum Sessel zurück. Und dann ließ er sich hineinfallen. Dann nahm er sich die Fernbedienung. Und er drückte den An-Knopf. Der Fernseher blieb schwarz. Er drückte noch einmal. Der Fernseher blieb schwarz. Er versuchte es noch einmal. Der Fernseher blieb schwarz. Die Batterien waren leer. Er seufzte und legte die Fernbedienung beiseite. Und er ließ sich tiefer in den Sessel rutschen. Dann öffnete er sein Pils. Es zischte. Er saß im Sessel und dachte an nichts. Dachte an gar nichts. Dachte an nichts. Das Bier kühlte seine Hand. Er nahm einen Schluck. Die Kälte minderte seine trübe Stimmung. Heute war ein scheiß Tag. Die Arbeit war wie immer. Sein Vorgesetzter. Die Kollegen. Der Papierkram. Und dann war auch noch das Bier alle. Er wusste, dass er heute neues hätte kaufen müssen. Es war ihm egal. Egal. Es war ihm alles egal geworden. Die Flasche war mittlerweile halb leer. Er schwenkte die Flasche in seiner Hand. Er beobachtete den entstehenden Strudel. Für Sekunden. Für Minuten. Er nahm noch einen Schluck. Er sah auf die Uhr. Es war mittlerweile halb zehn. Jetzt noch die Batterien zu wechseln, lohnte sich nicht. Der „Tatort" war eh schon durch. Er nahm noch einen Schluck. Der Sessel seufzte. Er seufzte. Er blickte zurück. Auf den Kühlschrank. Er hatte noch nichts gegessen. Es war auch nichts im Haus. Er nahm den letzten Schluck. Er schluckte schwer. Dann seufzte er. Er raffte sich auf. Stützte sich am Sessel ab. Seine Beine waren eingeschlafen. Er stellte die Flasche zur Seite. Dann versuchte er, sich zu strecken. Sein Rücken knackte. Er brachte die leere Flasche in die Küche. Er stellte sie auf die Spüle. Mitten zwischen die Pizzakartons. Er seufzte. Guckte auf den Dachgiebel. Sehr stabil. Er ging zur Abstellkammer. Holte ein Seil. Dann ging er zurück in die Küche. Er machte einen Knoten. Zog ihn mehrmals fest. Dann nahm er sich einen Hocker. Er hatte ihn lange nicht mehr genutzt. Jetzt brauchte er ihn. Dann stieg er auf den Hocker. Dann legte er das Seil um den Dachgiebel. Dann befestigte er es. Dann legte er die Schlinge um seinen Hals. Er schloss die Augen. Hielt kurz inne. Und seufzte.

Es klingelte.

 

Julius Hanisch und Simon Lachnit (EF)


nach oben

 

In den Sternen

 

Fast jeden Abend sah er hinauf zu den Sternen.

Wenn er von der Arbeit nach Hause kam, nahm er sich kaum Zeit zum Essen oder zum Entspannen.

Meist holte er sich etwas auf dem Heimweg, was Kleines auf die Hand.

Das musste genügen.

Seine Frau hatte es sich abgewöhnt für ihn zu kochen, es lohnte sich einfach nicht. Sie hatte es sich auch abgewöhnt, ihm Vorwürfe zu machen, es lohnte sich einfach nicht! „Ich mache nichts Verbotenes, ich schmeiß das Geld nicht zum Fenster raus und ich betrüge dich nicht! Es geht uns doch gut“, sagte er. Naja, immerhin hatte die Frau Ruhe. Kam er nach Hause, dauerte es kaum eine halbe Stunde und er stieg die Treppe ins Dachgeschoss hoch. Dort hatte er sich am Fenster ein kleines  Teleskop aufgebaut und blickte in den Nachthimmel. Während er die Sterne beobachtete, sah seine Frau fern. Ironischerweise hatte er keine Ahnung von Astronomie, er kannte vielleicht zwei oder drei Sternbilder aus der Zeitung aber mehr auch nicht. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, sich das Wissen dafür anzueignen. Er beobachtete die Sterne, weil sie so weit weg waren und leuchteten. Dann bekam er Fernweh, er konnte diese Gefühle nicht beschreiben, aber irgendwie mochte er sie und irgendwie fand er sie auch schrecklich.

Er schaute stundenlang in den Himmel, oft schlief seine Frau auch schon. Sie dachte, es sei ein schönes Weihnachtsgeschenk gewesen, doch mittlerweile bereute sie es. Die Frau hatte sich auch ein neues Hobby zugelegt, sie ging jetzt zweimal die Woche ins Fitnessstudio, sie kam dann spät nach Hause doch nicht so spät, dass ihr Mann schon schlief.

Sie lebten in diesem Alltagstrott jeden Tag, jede Stunde, jede Minute.

Der Verkehr staute sich kilometerweit  und so kam der Mann später nach Hause. Dieses Mal hatte er sich nichts zu essen geholt, doch seine Frau hatte gewohnheitsmäßig auch nicht gekocht. Sie saß auf dem Sofa und die Reisetasche stand neben ihr. Er zog seine Jacke aus und hängte sich wie jeden Abend an die Garderobe.

„Das ist heute kein guter Tag“, sagte er.

Sie antwortete nicht, sie wandte sich zu ihm.

„Ich verlasse dich“, sagte sie. „Ich habe auf dich gewartet, es hat keinen Sinn mehr!“

„Aber warum?“, fragte der Mann.

Die Frau ging an ihm vorbei und sagte: ,,Das steht in den Sternen!“

 

Jil Bartrina y Manns (EF)


nach oben

 

 

Ohne Wasser

Parabel

 

Ihre Augen brannten wie Feuer und hinterließen einen starken, undefinierbaren Schmerz. Sie kämpften verzweifelt und panisch um eine klare Sicht, aber es verschwamm nur und manchmal schien es so, als würde sie sich sogar verdoppeln. Diese Unklarheit über das Umfeld und die Tatsache, machtlos über ihre Augen zu sein, versetzten sie in Panik und machten ihre Situation hoffnungslos. Die Kälte des Wassers knabberte sich durch die Haut bis in die tiefste Stelle ihrer Knochen und ihr Herz schlug schnell und taktlos. Sie versuchte nach etwas zu greifen, erkannte aber schnell, dass es nirgendwo einen Halt gab. Ihre Dämonen zogen sie weiter in die dunkle Tiefe, während sie gleichzeitig versuchte, sie ertrinken zu lassen, aber sie taten etwas, was sie nicht konnte: Schwimmen.

 

Als sie den Mund öffnete, um nach Hilfe zu schreien, füllte sich ihr Mund mit salzigem, bitterem Wasser, wie das, das zu oft aus ihren Augen schoss. Ihr ging langsam die Luft aus, ihre Lungen brannten schmerzvoll und nach einer Rettung war nicht zu denken. Ihre Arme und Beine schlugen unkontrolliert und ohne ein Ziel um sich, aber vielleicht konnte sie damit an die Oberfläche gelangen und nach Luft schnappen, die ihr das Leben wieder geben könnte, das sie gerade zu verlieren schien. Es war die geschmacklose Leere, die sich in ihr ausbreitete, weil sie wusste, dass es hoffnungslos war. Sie verlor den Kampf, den sie unbedingt gewinnen wollte. Es würde kein gutes Ende für sie geben, weil sie beim Kämpfen qualvoll versagte. Sie sank weiter ins tiefe Blau, riss ihre Augen auf, um den letzten Moment ihres Lebens miterleben zu können. Einige ihrer glücklichen und sorglosen Erinnerungen überschwemmten ihre Gedanken. Ihr Herz pumpte Wasser durch ihre Adern, bis ihr ganzer Körper ertrank. Wasser floss in ihre Seele und so wurde sie zu einem Tropfen des Ozeans, der von außen friedlich und atemberaubend aussah, aber tief in ihm die tödliche Gefahr steckte.

 

Das Mädchen wollte nur eins sein: glücklich. Aber schon früh bemerkte sie, dass sie kein Wasser brauchte, um zu ertrinken.

Alema Basic (EF)

 


nach oben

 

Nie wieder 

 

Er schlägt.

Sie sagt nichts.

Er hat sich verändert.

Draußen ist es schon dunkel und sie sieht, wie die Straßenlaternen der kleinen Gasse erleuchten. Sie sind hell und das Licht ist weiß.

Wie jeden Abend läuft der Fernseher und flimmert, ohne dass das fade Programm irgendjemanden interessiert.

Früher war vieles anders.

Er war anders.

Sie ist schüchtern und er hat sich verändert.

Er schlägt sei immer wieder und sie äußert sich nicht. Sie traut sich nicht ihn aufzuhalten. Sie kann es einfach nicht. Sie denkt sehr oft über das Geschehene nach und fragt sich, wie es immer wieder so weit kommt. Er regt sich über Kleinigkeiten auf und hat oft schlechte Laune. Er ist gestresst und hektisch. Egal, was sie macht, es ist falsch. Sie sagt etwas und er schlägt.

,,Warum tust du das?“, fragt sie.

Doch darauf bekommt sie nie eine Antwort. Es ist wie ein Rausch. Ist dies überhaupt noch Liebe? Sie ist sich nicht sicher und weiß nicht, was sie tun soll.

Auf einmal hört er auf und verlässt den Raum. Dann packt er sie – die Wut und ihre Ängste waren für einen kurzen Moment weg. Ganz weg und der Moment war wie eingefroren.

Sie läuft zum Fenster und alles verschwimmt um sie herum.

Es gibt nur ein Ziel.

Das Fenster.

Sie will es tun.

Sie muss es.

Es gibt keinen Ausweg mehr.

Sie ist verzweifelt und erreicht das offene Fenster. Die Laternen leuchten und sie spürt den kalten Wind an ihrem ganzen Körper. Die kühle Luft erfasst sie und es fühlt sich so an, als würden tausend Nadeln in sie fahren. Sie steigt auf den Fensterrahmen.

Es ist tief. Sie sieht die Straßenlaternen leuchten und springt.

Sie war schüchtern und er hat sich verändert.


nach oben

 

 Emely Espey und Hannah Goßen (EF)